Kabinett beschließt Regeln für V-Leute (2024)

Kabinett beschließt Regeln für V-Leute (1)

Ein neues Gesetz soll die Anforderungen an den Einsatz von V-Leuten regeln. (Symbolfoto)

Quelle: dpa

Die Bundesregierung will für den Einsatz sogenannter Vertrauenspersonen der Polizei in kriminellen Milieus oder Extremisten-Kreisen erstmals detaillierte Regelungen festschreiben. Das sieht ein Entwurf aus dem Bundesjustizministerium vor, den das Kabinett beschlossen hat. Er muss noch durch den Bundestag.

Wie bei anderen verdeckten Maßnahmen soll in Zukunft auch der Einsatz von V-Personen "einer anfänglichen und einer fortlaufenden gerichtlichen Kontrolle unterliegen". Durch das Gesetz sollen die Behörden zu mehr Transparenz bei diesen Ermittlungsinstrumenten verpflichtet werden und die Einsatzmöglichkeiten klar definiert werden.

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V-Leute nur bei schweren Straftaten zulässig

Konkrete Vorgaben enthält der Entwurf von Justizminister Marco Buschmann (FDP) auch für Fälle, in denen verdeckte Ermittler oder V-Leute Menschen aus dem kriminellen Milieu zu Straftaten verleiten, etwa um nicht aufzufliegen.

So sollen V-Leute "zum Beispiel nur bei bestimmten Straftaten von erheblicher Bedeutung zulässig sein, wie etwa bei Drogenkriminalität, Waffenhandel und Staatsschutzdelikten", teilte das Ministerium mit. "Ihr Einsatz darf zudem nur erfolgen, wenn die Aufklärung durch andere Maßnahmen nicht möglich oder ausreichend erfolgsversprechend ist."

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Strenge Regeln für Verbindungspersonen

Geregelt werden soll auch, unter welchen Bedingungen eine Verbindungsperson überhaupt als solche eingesetzt werden kann. Dies soll zum Beispiel ausgeschlossen sein, wenn der oder die Betroffene finanziell zu stark abhängig von der Tätigkeit wäre und durch sie einen "wesentlichen Anteil ihres Lebensunterhaltes" verdienen würde.

"Dies wäre etwa der Fall, wenn die finanziellen Mittel der V-Person, die ansonsten nur staatliche Sozialleistungen erhält, sich durch Zuwendungen für den Einsatz als V-Person wesentlich erhöhen", heißt es in dem Gesetzentwurf.

Vertrauenspersonen (V-Personen oder V-Leute) sind keine hauptberuflichen Ermittler. Sie werden zum Beispiel von der Polizei oder auch von dem Verfassungsschutz angeworben, um aus ihrer eigenen extremistischen oder kriminellen Gruppe Informationen zu liefern - meist gegen Bargeld. Im besten Fall ermöglichen sie den Sicherheitsbehörden Zugang zu Informationen aus streng abgeschotteten Gruppen, etwa bei organisierter Kriminalität.

Der Einsatz von V-Personen gilt als heikel, er wird immer wieder kritisch in der öffentlichen Debatte hinterfragt. Dabei geht es etwa um die Frage, wie vertrauenswürdig ihre Informationen sind und um Vorwürfe, die Behörden tauschten sich über ihre V-Personen zu wenig aus, oder sie unterstützten mit ihren Zuwendungen an die V-Personen indirekt kriminelle Machenschaften. In dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung geht es umV-Leute, die zur Strafverfolgung von den Polizeien des Bundes und der Länder eingesetzt werden. Von V-Personen zu unterscheiden sind verdeckte Ermittler. Das sind Polizisten, die mit einer Legende ausgestattet in einem bestimmten Milieu ermitteln.

Quelle: dpa

Unter anderem sieht der Entwurf auch erstmals Berichtspflichten für diese Ermittlungsinstrumente vor. Außerdem sollen V-Leute nur unter Richtervorbehalt eingesetzt werden und "einer regelmäßigen richterlichen Kontrolle unterstellt" werden. "Damit wird ein Gleichklang zu anderen verdeckten Maßnahmen hergestellt, bei denen im Regelfall ebenfalls eine Prüfung durch eine unabhängige Instanz vorgesehen ist", betonte das Ministerium.

Rechtssicherheit und Grenzen des Rechtsstaats

Marco Buschmann erklärte:

Gerade der Einsatz von V-Personen erfordert im Rechtsstaat eine hohe Sensibilität. Deshalb haben wir nun klare, gesetzliche Regeln für ihren Einsatz beschlossen.

"Die NSU-Untersuchungsausschüsse, die Erkenntnisse aus dem Anschlag am Breitscheidplatz und auch jüngere Fälle aus der Praxis haben deutlich gezeigt, dass ein Bedarf nach klareren Regeln besteht."

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Mit dem Gesetz würden den Ermittlern die "nötige Rechtssicherheit" gegeben und "zugleich die Grenze des Rechtsstaats" aufgezeigt. "Mit unserem Entwurf wird deutlich: Klare Regelungen für den Einsatz von V-Personen sind möglich, ohne die Effektivität der Ermittlungen zu schmälern."

Zeitliche Obergrenzen

Damit ein Informant, der von der Polizei Geld für Informationen aus einer extremistischen Szene oder einer Verbrecherbande erhält, daraus keinen Dauerjob macht, sieht der Entwurf eine Höchstdauer von zehn Jahren für den Einsatz einer V-Person vor. Wenn die Ermittler eine gute Begründung liefern, kann von dieser Frist im Einzelfall aber abgewichen werden.

Vertrauenspersonen bewegen sich, wenn sie sich der Polizei als Informanten anbieten, bereits in einer kriminellen oder extremistischen Szene. Verdeckte Ermittler sind Polizeibeamte, die mit einer Legende ausgestattet in einem bestimmten Milieu ermitteln.

An dem geplanten Gesetz kam zuletzt Kritik von Juristen und Kriminalisten, weil es in der Praxis die Hürden für mögliche Einsätze von V-Leuten deutlich anheben könnte. Der Richterbund sprach in Reaktion auf den Kabinettsbeschluss von "realitätsfernen Anforderungen" und "überbordenden Dokumentationspflichten".

"Im Bemühen um eine möglichst umfassende Transparenz gerät der Gesetzentwurf aus der Balance und verliert die staatliche Aufgabe einer effektiven Strafverfolgung teilweise aus dem Blick", kritisierte der Richterbund.

Quelle: dpa, AFP

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